hirnlose Digitalisierung


Zum 31.10.22 hätten 36 Mio. Grundstückseigentümer eine elektronische Grundsteuererklärung abgeben müssen. Am 18.01.23 meldete tagesschau.de (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/grundsteuererklaerung-bund-frist-september-101.html),  dass der Bund für seine eigenen Immobilien die Abgabefrist um voraussichtlich 8 Monate überziehen wird. Formulare für die Steuererklärung gibt es nicht mehr und niemand weiß vorher, was er später gefragt wird. Niklas Hoyer kommentierte in der Wirtschaftswoche: „Eigentümer, die ihre Grundsteuererklärung auf eigene Faust abgeben, müssen sich durch eine oft mühsame und kryptische Datenabfrage quälen.“  (https://www.wiwo.de/finanzen/immobilien/steuererklaerung-der-grundsteuer-albtraum-wird-nicht-mit-dem-januar-enden/28911914.html) Diese Digitalisierung zu Lasten des Bürgers fällt am Ende dem Staat auf die Füße. Wer im Online-Formular falsche Angaben machen muss, weil kryptische Fehlermeldungen keine richtigen Angaben zulassen, wird gegen den Grundsteuermessbetrag Einspruch einlegen müssen. Dann werden die Rechtsbehelfsstellen ein Vielfaches an menschlicher Arbeitskraft einsetzen müssen, die mit der Digitalisierung eingespart werden sollte.  
 
Weil das kurz vor Fristende 90 % der Grundeigentümer die Steuererklärung noch nicht elektronisch abgegeben hatten, wurde die Frist bis 31.01.23 verlängert; offiziell wegen Corona! Anfang Januar fehlten lt. MDR noch 50 % (https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/grundsteuer-erklaerung-haelfte-fehlt-102.html). Spätere Zahlen wurden nicht mehr veröffentlicht. Ab Februar sollten die Grundeigentümer gemahnt und ihnen Säumniszuschläge angedroht werden.

Ich habe diese Mahnung am 22.04.23 erhalten und darauf am 24.04.23 folgenden Antrag gestellt:

„Antrag auf Abgabe der Grundsteuererklärung auf einem gedruckten Formular

Sehr geehrte Damen und Herren,  
 
hiermit beantrage ich, die Erklärung zum Grundsteuermessbetrag auf einem gedruckten Formular abzugeben.

G r ü n d e :

Es ist mir bisher nicht gelungen, die einzelnen Fragen, die ich in der Grundsteuererklärung beantworten soll, vorab zu finden. Bei einem gedruckten Formular wäre ich in der Lage, es mir vor Beginn der Beantwortung einmal durchzulesen und schon bei den ersten Fragen zu wissen, was danach noch alles gefragt wird. Bei der Grundsteuer wurde dieser Inhalt des Formulars aber vom Staat wie ein Staatsgeheimnis behandelt, das den Bürgern nicht offenbart werden darf.

Ich halte es für einen Verstoß gegen die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde, die Bürger zum Anhängsel von Maschinen zu machen. Das Programm ELSTER ist dafür berüchtigt, den Bürger durch kryptische Fehlermeldungen und die Blockade von Angaben, die der Bürger für richtig hält, ihn zur Abgabe von mindestens subjektiv als falsch empfundenen Angaben zu nötigen. Diese Fremdbestimmung der Bürger durch ELSTER verstößt gegen die Menschenwürde.

Das Verschweigen der konkreten Fragen bis zum Beginn der Dateneingabe halte ich zudem für mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG für nicht vereinbar. Dies verlangt, dass sich Bürger und Verwaltung auf Augenhöhe gegenüberstehen müssen. Mit der Verheimlichung der Fragen und der dahinterstehenden Zusammenhänge gegenüber den Bürgern müssen sich diese aber unbeholfen fühlen. Diese Einschüchterung der Bürger ist mit dem Rechtstaatsprinzip nicht vereinbar.

Dieser Mangel wird auch mit der Möglichkeit, gegen die ergehenden Bescheide Einspruch einzulegen, nicht geheilt. Wegen der mit der bürgerunfreundlichen Steuererklärung und insbesondere der Geheimhaltungsstrategie der Regierung provozierten Menge der Einsprüche ist zu befürchten, dass diese am Ende ohne die vorgeschriebene Einzelfallprüfung in einem automatisierten Verfahren abgewiesen werden.  

Aus den vorstehenden Gründen ist den Bürgern die Nutzung der Datenfernübertragung i.S.d. § 150 Abs. 8 AO insbesondere für alle die Menschen persönlich unzumutbar, die auch nach 3 Jahren Corona-Propaganda noch immer ohne staatliche Ernennung (= selbsternannt) in alle Richtungen (kreuz und quer) denken können. Zudem hat die Verheimlichung der Fragen der Steuererklärung dazu geführt, dass jeder Bürger „nach seinen individuellen Kenntnissen … nur eingeschränkt in der Lage ist, die … Datenfernübertragung“ zu nutzen. Diese Beschränkung lässt sich nur durch die vorherige Zurverfügungstellung des Vordrucks beseitigen.

Mit freundlichen Grüßen“

Diesem Antrag wurde am 28.04.23 stattgegeben. Damit wurde vom Finanzamt eingeräumt, wegen der Verheimlichung der Fragen aus der Steuererklärung und der dahinterstehenden Zusammenhänge selbst ein Wirtschafts-Professor „nach seinen individuellen Kenntnissen … nur eingeschränkt in der Lage ist, die … Datenfernübertragung“ zu nutzen. Weil ich mit der Übersendung eines Steuerformulars in den exklusiven Genuss der Kenntnis der darin gestellten Fragen gekommen bin, möchte ich dieses Wissen nun mit der Öffentlichkeit teilen, und eine Kopie dieses Formulars an dieser Stelle veröffentlichen.

Es ist ein Hoffnungsschimmer, dass mindestens ein Finanzamt den Fehler, den Inhalt der Steuererklärung zum Staatsgeheimnis zu erklären und die Digitalisierung mit Gewalt zu erzwingen, anerkennt. Es ist nicht anzunehmen, dass die Verweigerungshaltung der Grundeigentümer mehrheitlich als ziviler Ungehorsam und Protest gegen die hirnlose Digitalisierung gemeint war. Die in meinem Antrag angesprochene Verletzung der Menschenwürde haben aber viele Betroffene so empfunden. Sie sehen sich von ELSTER beherrscht, während sie bei einer traditionellen Steuererklärung autonom entscheiden, was sie konkret eintragen wollen.

Wie bei der Unfähigkeit, die Sinnlosigkeit der Corona-Maßnahmen zu erkennen, delegitimiert sich der Staat auch bei der Grundsteuer selbst. Irren ist menschlich, aber der Staat gibt keinen Irrtum zu. Das gilt erst Recht, wenn der Irrtum System hat. Wenn also irren menschlich ist und sich der Staat nicht irren darf (genauer: keinen Irrtum zugeben darf), wird der Staat unmenschlich. Hätte die Bundesregierung im Juni 2020 eingeräumt, dass ihre Corona-Politik nicht gewirkt hat, und wäre sie auf den schwedischen Weg umgeschwenkt, wäre das ein sehr menschlicher Zug gewesen, und die Politiker hätten an Ansehen gewonnen. Inzwischen ist das Beharren auf Irrtümern aber zum System geworden.