kreuz und quer denken!

 

Schon seit früher Jugend denke ich eigenständig und in alle Richtungen, also kreuz und quer. Ich habe auch noch nie um die Erlaubnis gebeten, in eine bestimmte Richtung denken zu dürfen. Deshalb betrachte ich es als Kompliment, als „selbsternannter Querdenker“ bezeichnet zu werden. Nicht nur zu den Themen Noteninflation, Corona, Ukraine, Gendern oder Klimawandel habe ich meine eigene Meinung, mit der ich anecke. (mehr unter BRD, Corona und Politik) Auch in der BWL habe ich nicht die Päpste angebetet. Meine Mutter machte für diese Charaktereigenschaft meine ostpreußische Abstammung verantwortlich. Diese Volksgruppe soll sich durch einen ausgeprägten Eigensinn ausgezeichnet haben.

 

 

An den Hochschulen sind aber fast nur noch „staatlich ernannte Geradeausdenker“ anzutreffen, denen eigenständiges Denken und jede Kritikfähigkeit abtrainiert wurde. Prof. Dr. Norbert Bolz beklagte am 04.03.23 auf https://www.youtube.com/watch?v=7h0aBQLGb1o&t=46s (https://reitschuster.de/post/die-tyrannei-der-wehleidigen/ berichtete am 08.03.23) „Das Problem ist die Realitätsferne der jungen Akademiker. Wir beobachten zum ersten Mal das Phänomen, dass diese Menschen von der Wiege bis zur Bahre nicht mit der Realität in Kontakt kommen. Sie bleiben in ihren Echokammern.“ Bolz ist überzeugt, dass diese Generation nicht erwachsen wird, und das sei ein Produkt des überlangen Ausbildungssystems. Z.B. hat die jetzige Familienministerin 11 Jahre studiert, wurde sofort nach dem Abschluss Landtagsabgeordnete und hat deshalb keine praktische Berufserfahrung. Als unverheiratete Mutter kann sie auch nicht als Familienexpertin bezeichnet werden. Diese Generation dominiert inzwischen die Hochschulen.

An den Universitäten war die Laufbahn Schule - Studium - Assistent - Promotion - wissenschaftlicher Mitarbeiter - Lehrbeauftragter - Professor schon immer üblich. Mein Lebenslauf ist dazu ein Kontrastprogramm. Inzwischen haben aber auch die meisten Professoren der umbenannten Fachhochschulen keine praktische Erfahrung mehr in ihrem Fachgebiet. Die Umbenennung der Fachhochschulen war dann irgendwie auch konsequent. Fachkompetenz und Bodenständigkeit sind nicht mehr gewünscht. Es zählt nur noch Regimetreue.

 

Beruf

 

Mein Wissenschaftsgebiet ist das Rechnungswesen. Die Betriebswirtschaftslehre beschäftigt sich mit der Steuerung der Unternehmen. Man kann dies mit der Steuerung eines Schiffes vergleichen. Beide sind schwerfällig und reagieren nur langsam auf Kursänderungen. Beide haben keine Bremse. Fährt ein großes Schiff in den Hafen von New York, dann kann der Kapitän 15 bis 20 km vorher den Motor ausschalten. Beide sind von äußeren Einflüssen abhängig, Schiffe von Wetter und Strömung, ein Unternehmen von der Konjunktur und dem Wettbewerb. Beide müssen navigieren, also die aktuelle Position und das Ziel bestimmen und dann den Kurs berechnen. Die Schiffe haben heute GPS. Beide brauchen Informationen. Das Schiff hat Radar und bekommt Wetterdaten. Bei einem Unternehmen kommen die Informationen aus dem Rechnungswesen. Bei dem allgemeinen Computereinsatz wird überall erwartet, dass die Unternehmensführung auch so gut ist, wie der Kapitän eines Frachtschiffes heute mit Radar und GPS sein kann.
 
Im Rechnungswesen der Großunternehmen hat sich in den letzten 30 Jahren viel verändert. Vieles davon ist von den Autoren der Lehrbücher nicht zur Kenntnis genommen worden, und von vielen meiner Kollegen auch nicht. Sie beschäftigen sich in den Lehrveranstaltungen zu viel damit, Zahlen zusammenzurechnen. In den Unternehmen rechnen seit über 30 Jahren die Computer. Für die Studenten ist es natürlich bequem, ihre guten Noten in den Prüfungen mit einfachen Rechenaufgaben zu bekommen. Aber das ist ein anders Thema.
 

Auch die Kleinunternehmen haben seit über 25 Jahren Computer im Einsatz. Trotzdem lassen viele von ihnen ihre Buchhaltung vom Steuerberater machen, und der beschränkt sich auf den gesetzlichen Umfang (Grafik links). BWL kann er auch nicht! Vor dem Steuern sparen kommt aber zunächst das Geldverdienen, und dabei sollte ein Berater helfen!

Frei nach John F. Kennedy:

Frage nicht, was die Unternehmen für die Buchhaltung tun können. Frage, was die Buchhaltung für die Unternehmen tun kann!
(Original.: „... ask not what your country can do for you — ask what you can do for your country. ...“ John F. Kennedy, inauguration speach from 20.01.1961 )
 
Mit viel Technik und einem vertretbaren Mehraufwand lässt sich folgender Stand erreichen, mit dem die Unternehmensleitung eine gute Datenbasis aus der Vergangenheit für die Zukunft erhält:

 

Eine demokratische Betriebswirtschaftslehre, die sich an den Interessen der breiten Masse und nicht an einer kleinen Minderheit orientiert, muss viel stärker auf ihre Bedürfnisse eingehen als auf die der Großunternehmen. Die können diese Datenbasis organisieren. 90 % der Unternehmen in Deutschland haben weniger als 10 Beschäftigte. Wenn der Steuerzahler die Wissenschaft finanziert, dann müssen diese 90 % und nicht die 0,3 % Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten vorrangig unterstützt werden. Man kann auch für Kleinunternehmen technische Strukturen schaffen, mit denen sie ohne teure Fachkräfte alle Informationen erzeugen können, die für eine gute Unternehmensführung nötig sind. Diese Aufgabe sollte die betriebswirtschaftliche Forschung viel stärker beachten.

 

 

Werdegang


Berufsbezeichnungen, die ich auf der Grundlage einer bestandenen Prüfung führen darf:

Industriekaufmann
Betriebswirt                        (der Diplomgrad ist nicht
Volkswirt                                  Teil der Berufsbezeichnung)
geprüfter Bilanzbuchhalter
zertifizierter Verwalter nach § 26a Wohnungseigentumsgesetz

Doktor der Wirtschaftswissenschaften ist ein akademischer Grad und keine Berufsbezeichnung. Für meine Berufung zum Professor habe ich keine Prüfung absolvieren müssen.

 

Ich habe zum Ende des Sommersemesters 2023, 47 Jahre und 1 Monat nach meinem Eintritt ins Berufsleben, die Versetzung in den Ruhestand beantragt. Die 26,5 Jahre der Professur für Rechnungswesen und Controlling und die vorherigen 9 Jahre in leitender Position im Finanz- und Rechnungswesen von Unternehmen werde ich aber nicht völlig abstreifen. Unter „ReWe-heute“ habe ich eine Art Schlusswort formuliert, in dem ich die Veränderungen der letzten 50 Jahre verarbeitet habe. Die dortigen Präsentationen werde ich in meinem letzten Semester zitieren